Donnerstag, September 07, 2006

8. September 1429: Angriff auf Paris

Am 8. September des Jahres 1429, ein Feiertag der Kirche, griff ein kleiner Teil der franz. Armee beim Tor St.-Honoré das von Burgundern besetzte Paris an. Die mächtigen Wälle, die motivierten Verteidiger und das hinauszögern weitere Truppenteile zu senden seitens Charles VII., verhinderten eine Übernahme der Stadt durch Jeanne d'Arc und ihre Mitstreiter. Nicht nur die milit. Operation 'Paris' scheiterte auf der ganzen Linie, auch wurde Jeanne vor Paris verwundet.

In Paris kämpft auch kaum noch französisches Fußvolk. Ein Großteil des d'Arcschen 'Belagerungsheeres' waren italienische Söldner. Diese sind zu der Zeit günstiger als Schweizer Soldaten, stehen aber auch im Ruf, nicht so diszipliniert und kampfesmutig wie ihre Schweizer Kollegen zu sein. Im Grunde bezahlt Jeanne diesen Einsatz allein, da Charles VII. die eigentliche Armee gekonnt zurückhält und lieber in der Landschaft 'umherkurvt'.

Charles VII. hatte insgeheim und ohne Wissen Jeannes schon Verhandlungen mit Philipp dem Guten aus Burgund, zwecks Vereinbarung eines Waffenstillstands aufgenommen.

Am Morgen des 10. September 1429 wird die Belagerung auf Befehl Charles VII. ergebnislos abgebrochen. Das Jeanne an einem kirchlichen Feiertag an diesem 'Scharmützel' beteiligt war, wird ihr später noch, neben anderen 'Vergehen', zum Verhängnis werden.

Der Angriff auf Paris markiert in Jeannes Leben einen neuen Wendepunkt. Seit dieser Zeit kann sie nicht mehr auf Unterstützung des französischen Königshauses Valois hoffen. Charles VII. vertritt, durch geheime diplomatische Beziehungen zu Burgund, eine Politik der ruhigen Hand. Er verbietet militärische Operationen zwar nicht, er unterstützt sie aber auch nicht mehr. Das geht soweit, dass er am 21. September 1429 das französische Einsatzheer offiziell auflöst und Jeanne sozusagen beurlaubt. Ein Ersuchen des Mitstreiters Alençon, Jeanne mitzunehmen um seine Ländereien zu verteidigen, wird vom franz. König abgelehnt.

Jeanne entwickelt sich in Charles VII. Augen immer mehr zur Querulantin, die dabei ist, seine Pläne mit Burgund zu durchkreuzen.

Im Prozess von 1431 in Rouen gab sie in etwa folgendes zur Aussage:

ZITAT*
Jean le Maistre: Seid Ihr auf Geheiß Eurer Stimmen vor Paris gezogen?
Johanna: Nein, auf Verlangen der Reisigen, die eine Waffentat vollbringen wollten oder ein Scharmützel suchten. Aber ich hatte mehr im Sinn: Ich wollte die Festungsgräben überschreiten und Paris einnehmen.
[...]
Jean le Maistre: Meint Ihr, es war wohlgetan, an einem Feiertag, dem Geburtsfest Unserer Lieben Frau, Paris anzugreifen?
Johanna: Ich meine, man soll die Feiertage Unserer Lieben Frau halten. Ja, in meinem Gewissen halte ich es für Recht, die Feiertage von Anfang bis Ende zu halten.
Jean le Maistre: Habt Ihr vor Paris nicht gesagt: "Übergibt die Stadt um Christi willen!"?
Johanna: Nein. Ich habe gesagt: "Übergibt die Stadt dem König von Frankreich!"

ZITAT**
Der Richter: Was für Waffen habt Ihr in St.-Denis dargebracht?
Johanna: Eine vollständige weiße Rüstung für einen Krieger und ein Schwert, das ich vor Paris gewann.
Der Richter: Wozu tatet Ihr das?
Johanna: Um ein frommes Werk zu tun, wie die Krieger, wenn sie verwundet sind. Da ich vor Paris verwundet worden war, opferte ich sie St.-Denis, weil "Montjoie Saint Denis" der Kampfruf der Franzosen ist.

*Schirmer-Imhoff, Ruth: Der Prozess Jeanne d'Arc : Akten u. Protokolle. 1431-1456, München: Deutscher Taschenbuchverlag 1961; Seite 56f: Viertes Sonderverhör im Gefängnis vom Dienstag, 13. März 1431.

**Schirmer-Imhoff, Ruth: Der Prozess Jeanne d'Arc : Akten u. Protokolle. 1431-1456, München: Deutscher Taschenbuchverlag 1961; Seite 66: Achtes Sonderverhör im Gefängnis vom Dienstag, 17. März 1431.


Die Hoffnungslosigkeit des Unterfangens Paris einzunehmen, wird sehr gut in Luc Bessons Film 'The Messenger' dargestellt. Historisch zwar nicht korrekt, aber atmosphärisch doch sehr dicht.

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